„Ich habe in meinem Leben eine Reihe schrecklicher Dinge durchgemacht, von denen einige sogar tatsächlich passiert sind.“ MARK TWAIN
Eine Stressreaktion ist die unmittelbare Folge irgend einer Form von Angst. Ursprünglich hat Mutter Natur uns den Stress bekanntlich geschenkt, um lebensbedrohliche Situationen zu meistern – durch Flucht, Angriff oder „hoffnungsvolles“ Erstarren. Für knapp 5 Minuten wird unser Körper wacher, stärker, schneller, aggressiver – von Hormonen überflutet, mit Handlungsenergie reichlich ausgestattet. Diese Stresshormone – Adrenalin, Cortisol & Co – sind für den Körper effektiv, für das Gehirn aber Gift!
Um den Körper in maximale Bereitschaft zu versetzen, wird vorübergehend die Verdauungsenergie eingespart, das Immunsystem deaktiviert, die Fortpflanzungssystem gestoppt. Super!
Doch welche „wilden Tiere“ bedrohen uns heute? Ängste! Angst um abstürzende Computer oder erschöpfte Akkus, Angst um den Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt, Furcht vor Misserfolg (Im Beruf, in Beziehungen, in der Schule, Ablehnung, Abwertung oder Ausgrenzung, Konflikte mit anderen, ungehorsame Kinder, Angst vor dem (Klima-)Wandel und Verlust von Annehmlichkeiten, Angst vor lästigen Verpflichtungen oder einem unberechenbaren Virus.
Unsere Stressoren sind also psychischer, sekundärer Natur – keine Urängste vor Naturgewalten. Sie entstehen im Kopf, aus angsterfüllten Gedanken, diese machen negative Gefühle, die Aufmerksamkeit filtert Wahrnehmungen und Informationen heraus, die die Angst bestätigen und verstärken – der Körper ist in Alarmbereitschaft und Aufruhr: Flache Atmung, schnellerer Herzschlag, höherer Blutdruck – mit einer Unterversorgung des Frontalhirns, dessen Fähigkeiten gerade nicht gebraucht werden, sogar gefährlich sein können, denn (Nach- und Voraus-, übrigens auch Quer-)Denken erfolgt langsam…
Problem 1: Unser Mandelkern, die Amygdala, kann nicht zwischen „modernen“ Angstmachern und der Urangst, die ein hungriger Löwe verursacht, nicht unterscheiden.
Problem 2: Psychische Ängste verzerren unsere Wahrnehmung, führen zu völlig unangebrachten Reaktionen. Wir projizieren schlechte Erinnerungen auf Menschen, die damit gar nichts zu tun haben usw.
Problem 3: Chronischer Stress fesselt uns an die Vergangenheit, wir erinnern uns nur an erlittene Schmerzen, wie das Rattenexperiment von Joseph LeDoux beweist.
Die preiswerte Sofortlösung: Wir erkennen und verstehen, dass diese Angst nicht der aktuellen Wirklichkeit entspricht. Du hast jetzt Deinen Arbeitsplatz und Dein Einkommen oder Rücklagen (oder ein zumindest existenzsicherndes Sozialsystem). Du bist aktuell relativ gesund. Du hast jetzt den Ball in der Hand, Du bist am Zug: Mach´ das Beste daraus!
Diese eine Sekunde „TimeOut“ zum Durchatmen, diese Präsenz – „das Sein im Hier und Jetzt“ – setzt das Grosshirn wieder in Gang, strategische Lösungen werden wieder möglich, um ein anderes Szenario zu gestalten als das vorübergehend (!) befürchtete… (es geht nicht darum, mögliche zukünftige Gefahren auszublenden, ganz im Gegenteil!)
Noch etwas: Diese „grosshirnschädlichen“ Hormone und frei gesetzten Treibstoffe, die der ganze Aktivierungsmechanismus für 5 Minuten bereit stellt, werden verbrannt, wenn wir körperlich agieren, zuschlagen oder wegrennen. Bleiben wir auf dem Stuhl sitzen oder Sofa liegen, erfolgt diese Verarbeitung nicht – der Körper bleibt angespannt, das Gehirn verharrt in einem vergifteten Zustand!
Statt aber aus dem Stress-Modus („Sympathikus“) in den Balance-Modus („Parasympathikus“) zurück zu kehren, um wieder – proaktiv“ – das zu machen, was ansteht, meckern, analysieren, grübeln wir weiter. Geschieht dies häufiger oder chronisch, werden wir krank – körperlich wie geistig!
Was hat das jetzt mit unserem Kernthema „ADHS“ zu tun, das neuerdings auch als „dysexekutives Syndrom“ bezeichnet wird – was bedeutet: Die „exekutiven“, also übergeordneten Denkfähigkeiten und Verhaltensoptionen sind gestört oder ganz ausser Kraft gesetzt. Dazu zählen vor allem: Impulskontrolle, Aufmerksamkeitslenkung, Informationsverarbeitung, Handlungsplanung, Konzentrations-, Entscheidungs- und Umstellungsvermögen.
Kurzum gefragt: „Könnte das so genannte „Aufmerksamkeits-Hyperaktivitäts-Defizit-Syndrom“ schlicht auf psychische Ängste eines Menschen, Mannes, Jungen zurück zu führen sein, die eigentlich nur kurzfristig die o.a. Funktionen des menschlichen Gehirns ausser Kraft setzen? Statt eines vermeintlich „genetisch bedingten“ Mangels an Dopamin – dem Konzentrations- und Erfolgshormon im Frontalhirn…
Dann kämen wir doch zu ganz anderen Schlussfolgerungen und Massnahmen, oder?
Wir würden uns auf die Suche nach den verborgenen Ängsten machen, diese psychischen Bomben entschärfen und unsere Fähigkeiten wohl überlegt für Problemlösungen einsetzen….
Wovor haben die Jungs dieser Zeit Angst? Dazu demnächst mehr …
Wesentliche Quellen für diesen Beitrag:
„Das stressfreie Gehirn“ von Don Joseph Goewey, WINDPFERD-Verlag
„Wege aus der Angst“ von Gerald Hüther, Vandehoeck & Ruprecht-Verlag